Auguste Viktoria
Basteln in Flaschen – und auch außerhalb
Dr. Mathias Anton
Nach fast 25 Jahren Modellbau-Abstinenz habe ich 2004 mein ehemaliges Hobby wiederbelebt.
Den Einstieg ermöglichte ein Buch über Buddelschiffe von Don Hubbard, welches ich von meinem Großvater geerbt hatte, wie auch die reichhaltigen Quellen, die das Internet bietet. Bei der Suche nach passenden Bauunterlagen stieß ich dann auch auf den Arbeitskreis, dem ich seit 2005 angehören darf.
Anders als bei vielen Buddelschiffern sind für mich Segel nicht unbedingt erforderlich – ich möchte an einem Schiff gern einen Schornstein sehen. Was mich aber nicht gehindert hat, auch Buddelschiffe mit Segeln zu probieren, wenn auch nur kleinere.
Auguste Viktoria:
Vorbild: erster Turbinen-Schnelldampfer des NDL.
Modell: 1:1200, nach Bauunterlagen aus „Modellbau heute“.
(An dieser Stelle ein großes Dankeschön an Werner Gembus, dem ich diesen und viele andere Baupläne verdanke).
Rumpf des Modells Lindenholz, Aufbauten Papier und Polystyrol, Masten aus Nähnadeln, Takelage aus künstlichen Haaren, Reling Fotoätzteile von Tom´s, „Wasser“ aus Sanitär-Silikon.0,7l-Flasche.
Mit der Zeit wurde der Wunsch nach der Realisierung von mehr Details aber immer größer als die entsprechende Fähigkeit, diese Details dann auch heile durch den Flaschenhals zu bekommen. Mittlerweile baue ich kleine Vitrinen aus Bilderrahmenglas – die halten den Staub genauso gut vom Modell ab wie eine Flasche, die Sicht auf die Schiffe ist in der Regel besser, und – wichtig zur Entspannung – eine ganze Menge Stress und vermeidbare Frustation fallen weg.
Nach den ersten „Zugschiffen“, Schiffen, die nach Regenschirm-Art innerhalb der Flasche „aufgespannt“ werden, habe ich begonnen, die Takelage eher aus künstlichen Haaren oder Borsten anzufertigen – das Strippengewurstel war einfach nichts für meine Nerven. Die Änderung der Bauweise veranlasste einen Vereinskameraden, anzumerken, das seien dann keine Buddelschiffe mehr, sondern „Basteln in Flaschen“. Aber es geht ja auch außerhalb....
Vorbild: Linienschiff der kaiserlichen Marine und S23.
Modell: 1:1200, nach Unterlagen in „Modellbau heute“, in 0.5l Olivenölflasche.
Die Qualität der hier gezeigten Modelle fällt sicherlich gegenüber der an dieser Stelle von anderen Mitgliedern gezeigten deutlich ab. Aber vielleicht finden auch die gezeigten „Exoten“ ihren Platz im Arbeitskreis...
Für die von anderen Mitgliedern präsentierten hervorragenden „Museums“-Modelle fehlt mir der Platz, das Werkzeug, die handwerklichen Fähigkeiten und auch die Zeit. Daher nähere ich mich unserem gemeinsamen „Objekt der Begierde“ Schiff eher von der Seite der Volkskunst, wie sie eben auch durch den Buddelschiffbau repräsentiert wird.
Vorbild: Museumsschiff / Logger, in Vegesack beheimatet.
Modell: Maßstab unbekannt, in 0.7 Liter-Flasche. „Meer“ aus Fimo, im Backofen gebrannt. Rumpf aus Lindenholz, klassische „Zugmethode“.
Aber auch ohne Flasche wollte ich einer Buddelschifftradition treu bleiben, nämlich die Modelle möglichst aus dem herzustellen, was gerade vorhanden ist: ich verwende möglichst wenige kommerzielle Teile, lediglich Figuren und Fotoätzrelings werden gekauft. Den Rest versuche ich mit möglichst einfachen Mitteln herzustellen. Schon einige Bürsten und Besen mussten Haare lassen, Quark - Becher stellen eine kostengünstige Quelle für Polystyrol in 0,2mm Stärke her, die für die Takelage verwendeten künstlichen Haare habe ich als Fanartikel (Haarteil) bei der WM2006 erstanden, Eis am Stiel liefert 2mm starke Brettchen von chinesischer Buche und so weiter.
Bei den Vitrinenmodellen könnte man einwenden, dass mittlerweile hervorragende Resin-Modelle in 1:700 existieren, warum also selbst bauen? Einfach aus Spaß an der Freude, auch wenn das Ergebnis nicht ganz so perfekt ist.
80 EUR für ein Modell und den gleichen Betrag noch einmal für das Photoätzzubehör auszugeben sehe ich einfach nicht ein. Für mich liegt der Reiz in einem gewissen Minimalismus, sowohl was die Größe der Modelle als auch den finanziellen Aufwand anbelangt. Improvisieren kann so spannend sein. Trotzdem bemühe ich mich, so genau wie möglich (wie es meine Fähigkeiten, der Maßstab und die vorhandenen Unterlagen erlauben) am Vorbild zu bleiben, wobei ich für die reichhaltige Unterstützung, die ich von Vereinskameraden hier erfahren habe, sehr dankbar bin.
Calypso
Vorbild: Forschungsschiff des französischen Meeresforschers Y. Cousteau.
Modell: 1:700, nach Unterlagen aus der Zeitschrift „Modellbau heute“. Rumpf aus Lindenholz, Aufbauten Holz/Polystyrol und Draht. Hier wurden kommerzielle Teile für die Relings und die Besatzung verwendet (Photoätzteile der Fa. Eduard) . O,1l Flasche.
Vorbild: Fracht/Passagierschiff der Cunard Line, durch Aufnahme von Schiffbrüchigen der Titanic-Katastrophe bekannt. Modell: 1:1200, nach Bauplan in John Bowens Buch, aus Lindenholz, Draht, Polystyrol und Papier. 0.7l Essigflasche.
Vorbild: das Schiff des Abenteurers Arved Fuchs.
Modell: 1:700, als Unterlage für das Modell in 1:700 dienten Risse aus dem u.a. Buch von A. Fuchs. Die 60mm Glühlampe wurde mit einer Minibohrmaschine mit Diamanttrennscheibe geöffnet und „entkernt“.
Vorbild: zeitgenössische 8,80m Yacht, Typ Trintella, die zur Hälfte einem Freund aus Antwerpen gehört.
Modell: 1:220 nach Originalplan, in einem 0,1l Flachmann. Nähnadel-Mast mit Takelage aus Borsten.
Vorbild: kleiner Kreuzer Emden (brauch an dieser Stelle wohl kaum vorgestellt zu werden).
Modell: 1:1200, (als Unterlagen standen zu der Zeit nur Auf- und Seitenriss sowie einige Fotos zur Verfügung), Rumpf Lindenholz, in einer 0,2l Flasche.
Vorbild: Prototyp- U Boot Forelle der Germaniawerft Kiel, welches später an Russland abgegeben wurde.
Modell: 1:100, nach Plänen aus der russischen Zeitschrift „Modelist Konstruktor“. Rumpf aus Balsa und Polystyrol, Aufbauten Polystyrol, Papier und Draht. „Pflastersteine“ aus dem Modelleisenbahnzubehör.
Vorbild: Stückgutfrachter des Norddeutschen Lloyd.
Modell: 1:1200, nach Unterlagen, die von B. Jocham über seine Homepage vertrieben werden (Kompendium mit Bauplänen in 1:600, Vorbildfotos und weiteren Informationen). Rumpf aus Lindenholz, Masten Zahnstocherfragmente, Ladebäume aus Spülbürstenborsten, Takelage aus künstlichen Haaren. Relings Fotoätzteile von Tom´s Modelworks. „Wasser“ aus Sanitär-Silikon. 0,5l-Flasche. Der Verlust der unter vielen Mühen hergestellten Peilantenne (feinster Draht, Haare) bei der Montage mit nachfolgendem Wutanfall war einer der Auslöser für den Entschluss, von der Flasche zu lassen...
Vorbild: Nordische Jagt, erstes deutsches Polarforschungsschiff unter Koldewey, heute Museumsschiff des DSM.
Modell: Bauplan aus dem Buch von Höpfner, Rumpf aus Lindenholz, „Zugmethode“. 0,7l Flasche.
Vorbild: Forschungs- und Vermessungsschiff des heutigen BSH
Modell: 1:1200, nach Generalplan aus einer Broschüre des BSH über die Meteor, die mir dankenswerterweise Herr N. Peters vom BSH zugesandt hatte. Rumpf aus Polystyrolplatten, Aufbauten aus Polystyrol, Balsa, Bristolkarton, Papier, Metallfolie, eine Leuchtdiode, Draht. „Wasser“ aus Aquarellpapier und Acrylgel.
Vorbild. Forschungsschiff des Alfred-Wegener Institutes.
Modell: 1:1200, als Bauunterlage diente ein 1:500er Modellbaubogen des DSM, zusammen mit Fotos aus dem wunderbaren Buch „Logbuch Polarstern“. Auch hier wieder Fimo (Meer), Rumpf aus Lindenholz, ferner Polystyrol, Draht und Papier als verwendete Materialien. 0,5l Olivenölflasche.
Vorbild: Bergungsmotorschlepper Seefalke, heute Museumsschiff des DSM.
Modell: 1:700, nach Bauplänen aus dem Buch von H.-J. Paulun. Rumpf aus Lindenholz, zweigeteilt. Masten aus Nähnadeln, an die die Takelage aus Besenborsten angebracht wurde. 0,2l Flasche, der „Ständer“ ist Strandgut aus Cuxhaven.
Aufbauten Papier, Kunststoffe, Nähnadeln, Alufolie, künstliche Haare. „Wasser“ aus Aquarellpapier (rauh) und Acrylgel. Photoätzrelings von Tom´s Modelworks.
Modell: 1:500, Kartonmodell, 50% reduzierter Modellbaubogen (Größe, nicht Preis...) der polnischen Firma JSC, zusätzlich Polystyrol, Nähnadeln, feinster Kupferdraht und künstliche Haare. Besatzung von Preiser.
Dieses Modell diente i.W. dazu, die vorgestellte Form der Präsentation zu erproben: von oben ein Wasserlinienmodell, in der Seitenansicht Vollrumpfmodell sichtbar, was mit Hilfe eines Rahmens aus klarem PS innerhalb der Vitrine gelang.
Das Boot ist in die „Wasseroberfläche“ aus Kunststofffolie eingeklebt, was wegen des sehr geringen Gewichtes des Kartonmodells kein Problem darstellt.
Vorbild: Vorwärts ex Grete Cords, erster Frachter der DSR.
Modell: 1:1000, nach Unterlagen aus „Modellbau heute“ die mir dankenswerterweise von unserem Redakteur, Herrn Feige, zur Verfügung gestellt wurden. Rumpf Polystyrol, Aufbauten Holz, Papier, Draht, Polystyrol, Masten aus Stecknadeln, Takelage aus künstlichen Haaren. „Wasser“ wiederum Aquarellpapier und Acrylgel. Die Vitrine wurde aus nur einem 10x15 rahmenlosen Bildhalter, zwei Dia-Gläsern, Sperrholz, Leisten und etwas Furnier gefertigt.
Verwendete Literatur:
Bowen, John: More Minature Merchant Ships – The new guide to waterline ship modelling in 1:1200, Conway Maritime Press 2003
Deutsche Forschungsgemeinschaft – Deutsches Hydrographisches Institut: Forschungsschiff Meteor 1964 -1985
Fox III, John: CD mit diversen „how-to“ Artikeln des US-amerikanischen Buddelschiffbauers
Fuchs, Arved: Der Weg in die weiße Welt – Mit der Dagmar Aaen nach Grönland. Delius Klasing 2006
Höpfner, A. E.: Buddelschiff Modellbau – Einmaster von 1800 bis 1980, Hauschild 1981
Hubbard, Donald: Buddelschiffe – Wie macht man sie, Delius Klasing 1977
McNarry, Donald: Shipbuilding in Miniature, Conway Maritime Press, 2nd ed. 1982
Arndt, Ingo und Lieckfeld, Claus-Peter: Logbuch Polarstern, Frederking und Thaler 2005
Dazu noch verschiedene Ausgaben Zeitschrift „Modellbau heute“ (GST-Verlag Berlin),
diverse Artikel aus dem „Logbuch“,
Illustrationen von Artikeln der polnischen Zeitschrift „Modelarstwo Okretowe“