Steuerbordseite des fertigen Modells
Das Modell des Frachtdampfers KANAL von 1886
Wolfgang Bohlayer
Das Orginal
Um den Warenverkehr zwischen Flensburg und der Hafenstadt Hamburg zu intensivieren, und Flensburg damit sozusagen an die „große weite Welt“ anzuschließen, beschlossen 1885 zwei Reedereien aus Flensburg und Sonderburg (damals noch deutsch), die Flensburg-Ekensunder Dampfschifffahrts-Gesellschaft und die Sonderburger-Dampfschifffahrts-Actien-Gesellschaft, gemeinsam bei der Flensburger Schiffsbaugesellschaft einen Frachtdampfer in Auftrag zu geben. Dieses Schiff wurde unter der Baunummer 85 als Schutzdecker erbaut und mit dem Namen KANAL im Juni 1886 abgeliefert.
Der Schiffsname deutet auf eine Besonderheit dieses Dampfers hin, das auch seine Größe und Hauptabmessungen bestimmte: Er sollte auf seinen Reisen von Flensburg nach Hamburg und zurück den alten Eiderkanal benutzen (auch Schleswig-Holsteinischer Kanal genannt).
Somit war dieser Frachtdampfer in seinen Abmessungen auf die Schleusen des Eiderkanals abgestimmt und deshalb etwas plump geraten. Aber diese Eigenschaft macht das Schiff recht interessant für Modellbauer!
Seine Hauptdaten waren:
Länge über Alles: 30,14 m
Länge zwischen den Loten : 28,96 m
Breite: 7,16 m
Seitenhöhe bis Schutzdeck: 5,13 m
Seitenhöhe bis Hauptdeck: 3,20 m
Tiefgang: 3,00 m
Freibord: 0,20 m (!)
Verdrängung: 423 t
Maschinenleistung: 220 PSi
Geschwindigkeit: ca 8 kn
Das Schiff hatte im Schutzdeck je eine Luke vor und hinter dem Mittschiffsaufbau. Diese Luken waren extrem breit (fast über die volle Schiffsbreite). Lukensülle sind (fast) nicht vorhanden und die Lukenabdeckung bestand aus einer Bohlenlage, die nicht wasserdicht war. Die Zwischendecksräume darunter waren also tatsächlich „offen“.
Im darunterliegenden Hauptdeck (Freiborddeck) gab es wiederum je vorn und achtern eine Luke, die jedoch wasserdicht verschalkt werden konnten.
Da der Frachter auch lebendes Vieh transportieren sollte, warenauf jeder Schiffsseite im Zwischendeck im Bereich der Luken zwei Außenhautpforten von je 1,7 m Breite und 1,6 m Höhe angeordnet. Um auch höhere Ladung (> 1,60 m) in das Schiff bringen zu können, wie z. B. das Vieh, konnte der Teil der Außenhaut über diesen Pforten weggenommen werden. Diese Außenhautpforten hatten keine Dichtungen und waren nicht wasserdicht, da sie ja in das „offene“ Zwischendeck führten.
Die KANAL verfügte über zwei Masten, an denen Schonersegel gefahren werden konnten.
Das Modell
Erst beim Bau des Modells merkt man, wie klein das Schiff ist (im Maßstab 1:100 gerade mal so lang wie ein DIN A4 Papierblatt!). Das bedeutet, dass das Modell in einer überschaubaren Zeit gebaut werden kann und nach Fertigstellung auch nicht zu viel Platz einnimmt.
Da ich in letzter Zeit alle meine Modelle als Wasserlinienmodelle konzipiere, wurde auch dieses Schiff in dieser Art gebaut.
Der Rumpf entstand aus einem Balsaholzkern, der mit Glasfaserspachtel überzogen wurde (man kann auch ein Glasfasergewebe verwenden).In einem frühen Baustadium sind die „Aushöhlungen“ des Rumpfes zu berücksichtigen, wenn man, wie ich, die Schutzdeckluken offen darstellen will.
Die Außenhautpforten habe ich jedoch geschlossen dargestellt. Die Holzdecks sind aus einzelnen Planken gelegt.
Deckshäuser sind aus Polyesterplatten erstellt, wobei zu beachten ist, dass das hintere Deckshaus (der Salon!) im Original aus geöltem Teakholz gefertigt war und somit im Modell holzfarben angestrichen werden musste.
Ankerwinsch und die beiden Ladewinden entstanden aus Messing auf der Drehbank, wie auch andere Ausrüstungsteile.
Die entsprechenden Flaggen geben dem Modell den letzten Schliff.
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