Seitenansicht des Modells (3Teile)
La Couronne, Ein französisches Kriegsschiff von 1636
Text und Fotos: Horst Schuller
Fast erfassen mich nostalgische Gefühle, wenn ich heute eines meiner ersten Modelle hier vorstelle, welches bereits ein halbes Jahrhundert alt ist. Gebaut habe ich es zwischen 1976-und 1981. Natürlich war es kein kontinuierliches Modellbauen, denn Familie und Beruf hatten immer Vorrang. Dennoch hat sich die Mühe gelohnt, und ich kann meinen Stolz auf das Ergebnis nicht verleugnen.
Rückblick
Nachdem ich damals mein erstes Schiffsmodell nach einem Baukasten (Admiral Vernon!?) gebaut hatte, war ich soweit, dass ich auf Grund der Erfahrungen, die ich mit diesem gesammelt hatte (= Summe aller Misserfolge), jetzt ein Modell nur auf der Basis von Plänen in Angriff nehmen wollte. Die Hauptargumente hierfür waren:
Der Zwang mich genauer, sowohl mit den Gesamtzusammenhängen, als auch mit den Details beschäftigen zu müssen.
Die selbstständige Auswahl des Baumaterials.
Der Ehrgeiz, so weit wie möglich unabhängig von industriell vorgefertigten Teilen zu arbeiten.
Die Auswahl des Modells war etwas vom Zufall bestimmt. Es sollte sich um ein Schiff aus dem siebzehnten Jahrhundert handeln. Ich finde die allgemeinen Schiffslinien und den Sprung dieser Epoche, in Kombination mit der reichhaltigen Dekoration, besonders schön. So stieß ich beim Stöbern in einem Modellbauladen auf die Pläne der „La Couronne 1636“ von Lusci im Maßstab M1:100. Dieses Modell ist heute durch verschiedene Baukästen sicher allgemein sehr bekannt, aber ich wollte damals ja nur nach einem Bauplan bauen deshalb beschränke ich mich hier auf wenige Angaben zum Schiff.
Die „La Couronne“ wurde in der Weft La Roche Bernard in Dieppe vom Schiffszimmermann Charles Morier erbaut.
- …und im Jahre 1636, als Gegenstück zur englischen „Sovereign oft he Seas“ von Stapel gelassen.
- Sie war mit 72 Kanonen und etwa 600 Mann Besatzung ausgerüstet.
- Es handelte sich um ein Schiff mit Mittelmeermerkmalen, mit flacher Galion, hohem Achterschiff und Zusatzpforten für Hilfsriemen zwischen den großen Stückpforten auf dem Batteriedeck.
- Sie galt, trotz des hohen Achterschiffes, als guter Segler.
Das Modell
Den Aufbau dieses Modelles habe ich entsprechend der vorliegenden Modellbauplänen ausgeführt. Kiel und Spanten machte ich aus Sperrholz. Für die Erstbeplankung wählte ich Lindenholzleisten. Darauf, nach letzter Beseitigung von Unebenheiten in der Rumpfform, folgte eine Furnierbeplankung aus 0,6 mm dicken Nussbaumholzleisten.
Das erste, vom Planhersteller vermeidbare Problem tauchte auf, als ich zu spät feststellen musste, dass einige Stückpforten direkt in einen Spant ragten. Die Folge war solange eine große „Fummelei“, bis ich in diesen Bereichen die Spanten ausgespart hatte.
Als weiteres Problem stellte sich heraus, dass das frühzeitige Festlegen der Deckshöhen auf den Spantscheiben dazu führt, dass sich die Ungenauigkeiten beim Anreißen, Aussägen und Einbauen der Spanten addierten, wodurch ein recht holpriger Decksverlauf von Spant zu Spant entstand. Auch hier waren umfangreiche Korrekturarbeiten nötig, um die Decks richtig einmessen zu können. Besser wäre gewesen, die Deckshöhen von vorne herein, in einem zweiten Schritt erst festzulegen.
Was die Takelung anbelangt, habe ich mich hier nicht alleine auf die vorliegenden Pläne verlassenen, sondern alle Proportionen noch einmal nach der mir vorliegenden Fachliteratur überprüft. Die Masten, Stengen und Rahen habe ich nicht aus Rundhölzern gefertigt, sondern diese aus Lindenholzplatten ausgesägt. Danach wurden die Querschnitte zu Quadraten, weiter zu Achtecken und schließlich zu Rundformen geschnitzt und geschmirgelt.
Auch die Blöcke wurden weitestgehend von mir selbst gefertigt.
Als Takelgarn fand das weiße Garn von Graupner Verwendung, welches ich für das stehende Gut schwarz und das laufende Gut mittelbraun gebeizt habe.
Auf Segel habe ich verzichtet, weil ich befürchtete, der Stoff würde in diesem kleinen Maßstab unnatürlich wirken. Zumindest fehlte mir noch die Erfahrung um ein gutes Ergebnis zu erreichen. Als Konsequenz daraus wurden deshalb die Rahen in niedergelassener Ruhestellung getakelt.
Bilanz
Trotz der langen Bauzeit habe ich die Lust am Bau dieses Modell nie verloren.
Sicher habe ich bei dem Bau dieses Modells auch viel gelernt, z.B. dass die Frage der Authentizität eines bestimmten Schiffes dieser Epoche ein besonderes Problem darstellt. Die Quellenlage ist oft sehr dürftig, und so bleibt bei den Details doch viel Raum zur Interpretation, so dass ich für mein zukünftiges Modell folgende Kriterien stellen werde:
Größte Sorgfalt bei der Beschaffung von Plänen (evtl. aus Schifffahrtsmuseen). Das Schiffsmodell, insbesondere wenn es einen bestimmten Namen vertritt, sollte historisch zuverlässig und kein Fantasieprodukt sein.
Wichtige Grundlage ist dabei eine gute Helling. Rechtzeitige und gute Messmöglichkeiten ersparen einem am Ende viele böse Überraschungen.
Besser ist es die Spanten aus den Profillinien selbst zu entwickeln, als hinterher mit vorgegebenen Spanten Ärger zu haben.
Wenn irgend möglich, möchte ich versuchen alle Ausrüstungsdetails selbst herzustellen. Auch wenn diese möglicherweise im einen oder anderen Falle nicht ganz perfekt geraten sind. Wie ärgerlich ist es doch, wenn man selbst ganz stolz jemandem erklärt hat, man habe das alles selbst gebaut und dieser dann mit boshafter Treffsicherheit auf eines der wenigen gekauften Zubehörteile, wie etwa Kanonenrohre, Scharniere oder kleine Säulen, deutet.
Für dieses Modell verwendete ich folgende Literatur:
- Curti „Schiffsmodellbau“
- Hoeckel „Modellbau von Schiffen des 16. Und 17. Jahrhunderts“
- Jorberg u.a. „Risse von Schiffen des 16. Und 17. Jahrhunderts“
- Lusci „Historische Schiffsmodelle“
- Paris „Segelkriegsschiffe des 17.Jahrhunderts“
- Winter „Der holländische Zweidecker von 1660/1670“
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