Aktualisiert 23.02.2005

Das "Lemmer Fährschiff"

Horst Menzel


In keinem Land Europas waren die Wasserwege (Kanäle, Flüsse, Binnenseen) und der Fährdienst so ausgebaut wie in den Niederlanden. Bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts waren dies die Hauptverkehrswege für den Transport von Waren, Vieh und Menschen zwischen den Städten und Provinzen.


Ein großer Teil des Transportes erfolgte in sogenannten "Treckschuten" auf den Kanälen, die die Städte miteinander verbanden. Dies waren Fahrzeuge, die speziell für diesen Liniendienst gebaut wurden und meist mit einem Pferd getreidelt wurden. (Siehe hierzu auch: LOGBUCH Jg.38, Heft 4, Seite 197 ff, "Geschichte der Börtefahrt in den Niederlanden").


Doch es gab nicht nur diese Treckschuten, die auf den Kanälen im Liniendienst fuhren. Auch auf den Binnenmeeren, besonders der Zuidersee, gab es Börteschiffe, die regelmäßig nach einem Fahrplan zwischen zwei Städten verkehrten. Diese Schiffe segelten und waren vom Wind abhängig; sie konnten nur auf wenigen Strecken getreidelt werden.


Über die Zuidersee unterhielten schon frühzeitig mehrere Schiffe die Verbindung zwischen Amsterdam und den vielen Städten in Gelderland, Overijssel und Friesland aufrecht.


Die ältesten Verbindungen entstanden Anfang des 16. Jahrhunderts. Sie verbanden Amsterdam mit Haarlem, Amsterdam mit Den Haag und Amsterdam mit Hoorn. Mit zunehmenden Handels- und Personenverkehr wuchs auch die Anzahl der Fährschiffe. Wenn man zeitgenössische Abbildungen betrachtet, so waren es überwiegend Fahrzeuge, die zur Familie der Tjalken gehörten.


Als es Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem privilegierten Fährdienst vorbei war und die Konkurrenz größer wurde, waren Segler gefragt, die nach wie vor nur einen geringen Tiefgang haben mussten, viel laden konnten, aber doch schneller segeln sollten, als die alten noch in Fahrt befindlichen Tjalken.


Um den immer noch an ihrer alten Bautradition festhaltenden Binnenschiffswerften zu helfen, veröffentlichte F.N.van Loon 1820 ein Buch "Beschouwing van den nederlandschen Scheepsbouw", in dem er versuchte, die Werften dazu zu bringen, die bis dahin noch weit verbreitete Bautätigkeit ohne Zeichnungen, nur nach dem Auge, auf ein höheres Niveau zu bringen .


Dazu liefert er auch einen Satz Zeichnungen verschiedener Schiffstypen um den Werften den Bau nach Zeichnungen schmackhaft zu machen. Darunter befindet sich auch die Zeichnung "Veerschip van de Lemmer op Amsterdam".


Dieses Schiff, zur Familie der Tjalken gehörend, unterscheidet sich von einer gewöhnlichen Tjalk in erster Linie dadurch, dass es ein gepiektes, mit S-Spanten versehenes Achterschiff besaß. Gewöhnliche Tjalken hatten ein sogenanntes Löffelheck, also keine S-Spanten. Das breite Vorschiff hatte man beibehalten.


Diese Veränderungen erbrachten erheblich bessere Segeleigenschaften. So berichtet er u.a. von dem Fährdienst zwischen Lemmer und Amsterdam, auf dessen Strecke täglich vier Schiffe verkehrten. Ein besonders schnelles Börteschiff schaffte diese Strecke in 12 Stunden, wozu ein anderes Fährschiff 18 Stunden und eine gewöhnliche Tjalk 24 Stunden benötigte.
Das Modell wurde nach den Plänen von Versteeg und van Loon im Maßstab 1:50 auf Spanten gebaut.


Für die Takelung wurden die Angaben von E.W. Petrejus, "Oude Zeilschepen en hun modellen" benutzt, sowie das zeitgenössische Modell eines solchen Fährschiffes aus dem Niederländischen Schiffahrtsmuseum in Amsterdam. Alle Beschläge sowie die Anker wurden aus schwarz gefärbten Messing hergestellt. Die Beplankung der Außenhaut besteht aus Eiche, das Deck aus Fichte.


Während die Segel - mit Ausnahme des Klüvers - in der Praxis vielfach geloht waren , hat man auch das Bonnet scheinbar oft Natur belassen. Es ist dadurch heller als das Gaffelsegel, so kann man es jedenfalls auf verschiedenen Abbildungen erkennen.

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