Spanten in Kopf-Aufstellung
Retourschiff VALKENISSE (1717)
Text und Fotos: Horst Schuller
Nachdem ich mit der PRINS WILLEM (1651) ein Großprojekt abgeschlossen hatte, wollte ich gerne wieder einen Ostindienfahrer der niederländischen VOC bauen. Glücklicherweise fiel mir in dieser Zeit das Buch von Rob Napier „VALKENISSE, Retourship of 1717“ in die Hände. Dieses enthielt auch einen Satz Pläne des Modells aus dem „Museum of Fine Art“ in Boston.
Um die Vergleichbarkeit mit dem Vorgängermodell zu ermöglichen, wählte ich wieder den Maßstab M1:69. Auf diesen musste ich als Erstes alle relevanten Pläne skalieren, die Spanten herauszeichnen.
Aus den maßstäblich richtigen Rissen wurden zuerst die Schablonen für den falschen Kiel und die Scheibenspanten erstellt, und diese auf Sperrholz übertragen. Diese mussten entsprechend erweitert werden, sodass eine Überkopfaufstellung möglich wurde.
Die ausgesägten Scheibenspanten fügte ich mit dem falschen Kiel zusammen.
Grobe Ungleichheiten konnte ich mit Hilfe von Füllstücken zwischen den Spanten gut ausgleichen und so entstand eine gleichmäßige Oberfläche. Es folgte anschließend die Beplankung des gesamten Unterwasserschiffs.
So ging es mit dem Auf- und Ausbau zügig vorwärts. Eine detaillierte Beschreibung von mir ist hierzu im Forum des AkhS zu finden. Sie würde für diesen Artikel den Rahmen sprengen. Ich beschränke mich deshalb hier auf einige Beispiele und Besonderheiten.
Die Seitenplanken im Bereich des Overloopdecks mit den Stückpforten und den entsprechenden Rahmen waren nachfolgend an der Reihe. Nach deren Fertigstellung, einschließlich der bekränzten Stückpforten, wanderte jetzt der Arbeitsschwerpunkt in Richtung Back und Galion. Mit diesem Schritt begannen nun auch die umfangreichen Schnitzereien an diesem Modell.
Der bereits vorher fertiggestellte Sprietmast kam jetzt schon in seine endgültige Position, denn anders hätte die Detailierung des Galions nicht stattfinden können.
Dann war es soweit, das Halbdeck war mit dem Schott im hinteren Teil fertiggestellt. Der obere Teil der Bordwand wurde mit hochgezogen, mit Stückpforten versehen, und wie bei niederländischen Schiffen dieser Epoche in geklinkerter Form ausgeführt. Als Besonderheit erhielt das Schiff die Unterkonstruktion für ein Sonnendeck.
Im vorliegenden Stadium waren einige Änderungen zum Originalmodell in Boston nötig:
Es gab keine Aussage zum generellen Steuerungssystem. Da sich aber in dieser Epoche der Wandel vom Kolderstock zum Steuerrad vollzog, hatte ich das Steuerrad gewählt, um im Modellvergleich zu meiner PRINS WILLEM eine technische Entwicklung aufzuzeigen.Die Anordnung des Steuerstands war allerdings nur hinter dem Besanmast möglich. Vor dem Mast befand sich eine Luke und ein Niedergang und hinter dem Besanmast konnte der Platz nur durch die Verschiebung des Schotts zur achteren Kabine frei gemacht werden. Das darüberliegende Achterdeck blieb aber in der vorgezogenen Position, sodass es einen teilüberdachten Steuerstand bildete.
Eine ganz besondere Herausforderung stellten der Heckspiegel und die Seitengalerien dar. Mit ihren, in allen drei Dimensionen gekrümmten Linien, war es nicht ganz einfach die Symmetrie einzuhalten.
Die großen Takelarbeiten begannen mit dem Aufrichten der Grundmasten und deren Marsen. Die Blöcke der Fallen und Stage waren bereits vor Ort und die Ladetakel fixiert.
Besonders erwähnen möchte ich aber die Herstellung der Segel. Ich bekam zwar die Nähmaschine mit Anweisungen von meiner Frau, aber dann musste ich erbarmungslos selber ran. Und siehe da, es ging…und wurde immer besser.
Das Ergebnis ist hier zu sehen!
Die beim Modell offenen Segel hatte ich in einer Wasser-Ponal-Verdünnung gebadet um eine leicht bauchige Form zu erzeugen und den etwas knickerigen Stoffeffekt zu beseitigen.
Die Segel wurden außerhalb des Modelles in ihrer entsprechenden Form an den Rahen angeschlagen, und erst dann bauabhängig an den Masten und Stengen festgemacht.
Für die Flaggen hatte ich aus dem Aluminium von Partytellern, die Flächen von windbewegten Flaggen geformt. Die eigentlichen Stoffflaggen hatte ich mit einer Wasser – Ponal - Verdünnung getränkt, und dann auf den Aluformen trocknen lassen.
Die vielen Belegstellen wurden mit Attrappen der aufgewickelten Seile versehen.
Auch wenn ich in der Komplexität des Modells etwas hinter meiner Vorgängerin PRINS WILLEM zurückblieb, hat mich das Ergebnis sehr zufrieden gestellt. Der Blick richtet sich nun in die Zukunft
Literaturverzeichnis:
Herman Ketting „Prins Willem, Een zeventiendeeeuwse Oostindievaarder”
H.N. Kamer „Het VOC-retourschip“
Ab Hoving „Modellen vertellen“
Rob Napier „Valkenisse Retourschip of 1717“ Wilhelm Vos “Batavia Cahier 1-6”
Lanasta Verl. “Scheepshistorie 1-29”
John Harland “Seamanship”
Maike Priesterjahn, Claudia Schuster “Schwimmender Barock”
Heinrich Winter “Der Holländische Zweidecker“ Rolf Hoeckel „Modellbau von Schiffen des 16. Und 17.Jahrhunderts“ Mondfeld „Historische Schiffsmodelle“ Internet WWW.vocsite.nl www.cultureelerfgoednl/pinas
Ein ausführlicher Modellbauartikel ist in unserer Vereinszeitschrift DAS LOGBUCH Ausgabe 1/22 erschienen.
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