Aktualisiert 20.02.2022

Das Flettner Rotorschiff BUCKAU

Text und Fotos: Andreas Gondesen

Ein Segelschiff einmal anders.
Jeder der sich mit Segelschiffen beschäftigt, ist irgendwann schon einmal auf das seltsame Schiff mit den zwei Türmen gestoßen. Und hat es vielleicht nicht sofort als Segelschiff erkannt. Mir ging es nicht anders. Nachdem ich mein Fünfmastvollschiff PREUSSEN im Herbst 2018, leider nach der Saison, noch ohne Probefahrt fertiggestellt hatte, bot sich die Zeit an, dieses Projekt das mir schon lange am Herzen lag, in Angriff zu nehmen.

Die Geschichte:

1. Dreimastschoner BUCKAU, ©Sammlung Dr. Jürgen Meyer,Bremen

Die BUCKAU gehörte zu einer Serie von fünf Dreimasttoppsegelschonern mit Hilfsmotor die 1920 auf der Germania Werft in Kiel gebaut wurden. Am 14. Oktober 1920 wurde sie in Dienst gestellt und machte die ersten Fahrten unter der Krupp`schen Hausflagge. Das mit 455 BRT vermessene Schiff war 54 m lang, 9 m breit und hatte einen Tiefgang von 3,8 m. Mit einer Segelfläche von 883 m2 und einem MAN-Diesel mit 160 PS erreichte das Schiff eine Geschwindigkeit von ca.7,5 Kn. Am12.Dezember 1921 wurde das Schiff an die Hamburger Reederei Dönitz, Witt & Co verkauft.

Sie segelte erfolgreich seit Jahren in Nord und Ostsee und sollte 1924 zu diesem ominösen Rotorschiff umgebaut werden. Das Prinzip, dass als Antrieb genutzt wird, ist als Magnus Effekt bekannt.

2. Gustav Magnus Deutscher Physiker 1802-1870 © Wikipedia

Gustaf Magnus war ein Physiker der vom Preußischen Militär beauftragt wurde herauszufinden warum die runden Kanonenkugeln nicht treffsicher waren, sie schlugen mal links oder rechts vom Ziel ein, oder flogen trotz gleicher Pulvermenge mal kürzer oder weiter. Durch seine Versuche fand er heraus, dass durch die Eigenrotation der Kugeln diese abgelenkt wurden.

3. Der Magnuseffekt, © Wikipedia

Er beschrieb, dass wenn ein rotierender runder Körper, der vom Wind umströmt wird, eine kraft 90 Grad zur Drehrichtung auf diesen Körper wirkt und ihn ablenkt. Er konnte das Prinzip beschreiben, aber es nicht mathematisch erfassen. Nachdem sich viele Wissenschaftler mit diesem Prinzip beschäftigt hatten, gelang es der Aerodynamischen Versuchsanstalt in Göttingen 1923 die entstehenden Kräfte zu erfassen. Durch umfangreiche Versuchsreihen stellten sie fest, dass bei einer 4-5-fachen Umfangsgeschwindigkeit sich die optimalsten Werte erzielen ließen. Auch stellten sie fest, dass eine über den Zylinder hinausragende Abdeckscheibe den Wirkungsgrad um ca. 20% erhöhte. Sie sahen aber für das Prinzip keine Anwendungsmöglichkeiten.

4. Anton Flettner, Ingenieur, 1865-1961,© Wikipedia

Der bekannte Erfinder und Ingenieur Anton Flettner hörte von den Versuchen und Ergebnissen in Göttingen, und entwickelte eine Anwendungsmöglichkeit in der Schifffahrt. Zu diesem Zeitpunkt experimentierte er mit profilierten Segeln die drehbar an einem Mast montiert werden sollten. Und dann je nach Bedarf aus oder in den Wind gedreht werden konnten.

Die Germania Werft in Kiel hatte schon viele Zeichnungen für den Umbau der BUCKAU mit profilierten Segeln angefertigt, und jetzt kam Anton Flettner mit einer, noch nicht allen sofort einleuchtenden Idee, rotierende Zylinder zu installieren.
Flettner erkannte die Vorteile die Rotoren gegenüber den profilierten Segeln hatten. Keine aufwendigen und sehr starken Masten, die sich bei jeder Windstärke sicher verdrehen lassen mussten, denn ein bergen der Segel war nicht möglich. Auch boten die Rotoren durch eine Drehzahländerung eine individuelle Anpassung an die Windstärke. Zusätzlich hatten die runden Körper einen weiteren Vorteil, ihr Windwiderstand nahm mit zunehmender Windgeschwindigkeit nicht zu, wie bei einem Segel. Auch hatte man bedenken diese ca. 18 m hohen und mit einem Durchmesser von 2,8 m doch recht großen Zylinder zu fertigen, damit sie schwingungsfrei liefen. Auch musste die gesamte Planung für den Umbau neu in Angriff genommen werden. Alle benötigten Komponenten mussten projektiert und bestellt werden.

5. Detailzeichnung der Rotoren

Als Antrieb der beiden Rotoren wurde je ein Gleichstrommotor im oberen Drittel der Rotoren eingebaut. Und für die elektrische Ansteuerung der Gleichstrommotoren musste ein Leonard Satz installiert werden. (Ein Leonard Satz war früher eine gängige Maschinenkombination, um Gleichstrom Motore in der Drehzahl zu steuern.) Aber es gelang die Verantwortlichen der Germaniawerft, und die Eigner der BUCKAU zu überzeugen auf die Rotierenden Zylinder zu setzen. Der für den Umbau zuständige Ingenieur Croseck musste nun viele Konstruktionen und Zeichnungen neu anfertigen und Berechnungen durchführen.

6. Die Buckau auf der ersten Probefahrt am 27.Okt. 1924

Trotz des sportlichen Zeitplans schaffte man es die BUCKAU noch vor dem Winter 1924/25 fertigzustellen, und die ersten Probefahrten zu unternehmen. Und die ersten Ergebnisse der Probefahrten in der Kieler Förde waren sehr vielversprechend. Natürlich war dieses außergewöhnliche Schiff, das sichtbar auf der Germania Werft entstand, sehr schnell in der Presse auf Interesse gestoßen. Und es mussten schon vor den ersten Probefahrten viele Presseanfragen und Interviews beantwortet werden. Am Tag der ersten Probefahrt wurde sogar ein Ausflugsdampfer angeboten, damit die vielen Interessierten das Rotorschiff in Augenschein nehmen konnten. Die Berichterstattung über die erste Probefahrt war sehr ausführlich, und überschwänglich.

7. Versuchsfahrten in der Kieler Förde, © Wikipedia

Als der Ausflugsdampfer der unter Rotoren segelnde Buckau kaum noch folgen konnte, war auch den Pressevertretern klar, das dort ein außergewöhnlicher neuer Antrieb getestet wurde. Die Rotoren sollten keine Renaissance der Segelschiffe einläuten, sondern sein Erfinder Anton Flettner sah sie nur als Zusatzantrieb und nicht als Ersatz des Dieselantriebes. Aber sie waren ihrer Zeit weit voraus, der Treibstoff war günstig, und eine neue Abhängigkeit vom Wind konnte sich keiner mehr vorstellen.
Im Februar 1926 wurde dann die Flettner-Rotorschiffahrt GmbH in Berlin gegründet. Die BUCKAU wurde von der Gesellschaft gekauft. Das Schiff - jetzt im Besitz des Flettner Konzerns - erhielt am 31. März 1926 den Namen BADEN-BADEN und trat am gleichen Tag seine erste Überseefahrt nach dem Atlantischen Ozean an um dort insbesondere die Windverhältnisse zu untersuchen. 1928 wurde das Schiff verkauft und wieder zum Dreimastschoner umgebaut. 1931 ist es in der Karibik im Sturm gesunken.

Das Modell:

8. Linienriss der Buckau © H. A. Underhill.

Die Pläne hatte ich mir schon vor Jahren besorgt und die nötigen Berechnungen und Gedanken waren alle schon einmal gemacht. Ich wollte ein Modell, das ich schnell mal ins Auto stellen konnte, also das Kofferraumgerecht war.
Also Holz gekauft, um einen Kern zum tiefziehen eines Polystyrol Rumpfes herzustellen. Das war schnell geschehen und nach kurzer Zeit stand das Modell im Rohbau auf der Werkbank. Für den Bau der Rotoren musste sehr viel Sorgfalt aufgewendet werden, sie sollten später möglichst rund laufen. So wurde ein Gestell aus drei Stützen, mit einem innen liegenden massiven Kern gebaut, der die Kraft auf den Schiffsrumpf übertragen sollte. Der Antriebsmotor für die beiden Rotoren wurde wie beim Original im oberen Drittel eingebaut.

9. Die BUCKAU mit Kohlefaserrotoren

Als unteres Lager dient ein Kugellager mit dem Innendurchmesser des Rotors. Für den Rotor verwendete ich zunächst ein PVC Rohr, das aber nicht über die nötige Qualität verfügte, so dass ich doch ein teures Kohlefaserrohr einsetzen musste. Da das Schiff in seiner Ausführung sehr schlicht, und ohne große Holzdecks gebaut wurde, und auch die Farbgebung sehr überschaubar war, konnte ich schon im April die ersten Probefahrten unternehmen.

10. Die erste Probefahrt

Es war schon spannend ob der Magnus Effekt auch im Modell so gut funktioniert. Ob die Rotoren bei fast 4000 U/min störungsfrei und vibrationsarm laufen. Es gab zwar auf YouTube Videos, aber die kamen über das Versuchsstadium nicht hinaus. So war ich sehr überrascht und zufrieden das mein Modell der BUCKAU auch als reines Segelschiff gut funktioniert. Die BUCKAU ist nur ein Ausflug, mal eine Segelmaschine zu bauen. Aber das nächste Modell bekommt wieder richtige Masten, richtige Segel mit richtigen Schoten und Segelwinden.

Quellennachweis:
Tradt, M. Der Umbau des Motorseglers BUCKAU zum Flettner-Rotorschiff und seine Erprobung, in: Werft, Reederei, Hafen. Berlin,1925, Heft 6.
Anton Flettner, Mein Weg zum Rotor, Leipzig,1926
Herbert Karting, Bark, Schoner und Galeass, Die Motorsegler der Krupp-Germaniawerft, Rendsburg,1987
Klaus D. Wagner, Die Segelmaschine. Der Flettner-Rotor: Eine geniale Erfindung und ihre Renaissance, Kabel-Verlag,1991

Bildnachweis:
1 Sammlung Dr. Jürgen Meyer, Bremen
2, 3, 4, 7 Wikipedia
5 Tradt. M
6, 11 Wagner, Klaus D.
12 Zeitschrift Hansa, 62 Jahrg. März 1925
13 Flettner, Anton
8 H. A. Underhill. „Deep Water Sail,“ Glasgow, 1963.
9, 14, 15, 16, 17, 18 A. Gondesen
10, 19, 20 H. Kossack


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