SAINT ALBANS (1687) - Nachbau eines Navy-Board Modells
Text und Fotos: Alexander Fricke
Das Vorbild
Die SAINT ALBANS mit 50 Kanonen wurde 1687 von John Shish in Deptford gebaut. Das Schiff trug zweiundzwanzig 18-Pfünder Kanonen (Culverinen) auf dem unteren Kanonendeck, zweiundzwanzig 9-Pfünder (Demi-Culverinen) auf dem oberen Kanonendeck, vier 6-Pfünder (Saker) auf dem Quarterdeck und zwei auf der Back. Die Abmessungen des Schiffs waren:- Traglast 615 Tonnen :- Länge des unteren Kanonendecks 128 ft :- Länge des Kiels 107 ft :- Breite 32·9 ft.
Es war als Fourth-Rate klassifiziert.
Die SAINT ALBANS hat an den Seeschlachten in der Bantry Bay (1.5.1689) und von Barfleur (19.-24.5.1692) teilgenommen. Sie strandete letztendlich vor Kinsale (Irland) am 8.12.1693.
Das zeitgenössische Modell im Trinity House in London
Dieses Modell stammt aus dem Besitz von Robert Spence und wurde von ihm dem Trinity House gestiftet. Außerdem hat Spence von dem Modell Pläne abnehmen lassen. Diese Pläne wurden von Herbert Read gezeichnet. Spence hat nach diesen Plänen einen Nachbau erstellt. 1944 ging dieses nachgebaute Modell über eine Auktion als SLR0376 an das NMM. Der Nachbau weicht recht auffällig im Heckspiegel vom Original ab. Es wird vermutet, dass Spence hier Bauteile eines anderen zeitgenössischen Modells verbaut hat.
Das Schiff hat ein Plattgatt, ähnlich der Konstruktion vieler Fourth Rate Schiffe dieser Epoche.
Das Modell im Trinity Haus unterscheidet sich von den sonst üblichen Navy-Board Modellen durch das Spantschema. Es wurde jeder zweite Spant weggelassen. Das ist ein Merkmal, welches auch alle anderen Modelle der Shish-Familie (CHARLES, BOYNE, ROYAL SOVEREIGN und SHEERNESS) aufweisen. Daher ist es wahrscheinlich, dass auch das Modell der SAINT ALBANS auf der Werft in Deptford gefertigt worden ist.
Durch diese Bauweise waren die Zwischenräume der Spanten größer und besser einsehbar. Zur Befestigung der Auflanger auf den Flurstücken wurden Messingstifte verwendet. Im Innern verleihen Wegerungen und Kielschwein dem Rumpf Längsfestigkeit. Diese Merkmale deuten darauf hin, dass die Spanten zuerst einzeln konstruiert und fertiggestellt wurden. Erst dann wurden sie auf dem Kiel montiert und durch die Längsverbindungen in ihrer Lage fixiert. Die damals übliche Vorgehensweise beim Bau von Navy-Board-Modellen war es dagegen, zuerst einen vollständigen Rumpf aus Spanten zu bauen und jeden Spant dann nachträglich auszumeißeln.
Der Nachbau des Modells
Ich wollte bei meinem Nachbau dicht am Originalmodell bleiben - ohne Rücksicht auf dessen historische Korrektheit. Navy-Bord Modelle, insbesondere die älteren, waren mehr oder weniger stilisiert. Entsprachen damit nicht in allen Einzelheiten den vorbildgebenden Schiffen der Zeit. Auch wurden sie im Laufe der Jahrhunderte durch Restaurierungen stark verändert. So vermute ich, dass das Modell der Saint Albans ursprünglich getakelt war und die Schanzkleider außen grün gepönt waren.
Dessen ungeachtet habe ich mich auf die Pläne und die in London gemachten Fotos verlassen.
Viele Dinge mussten neu überlegt und entwickelt werden. Die gängigen Methoden zum Spantbau aus der umfangreichen Modellbauliteratur waren nur bedingt zu verwenden. Aber das hat die Arbeit auch so interessant gemacht. Manchmal bin ich mir wie ein Detektiv auf den Spuren der alten Modellbauer vorgekommen und hatte so manches Erfolgserlebnis, wenn die Dinge, die ich mir überlegt hatte, auch so funktioniert haben. Auch Robert Spence muss sich so ähnlich gefühlt haben, als er seinen Nachbau erstellt hat.
Desillusionierend war aber durchaus die Anfertigung der Schnitzereien. Auch wenn ich mich über meine erreichten Ergebnisse gefreut habe, da sie weit über meinem bisherigen Niveau lagen, konnte ich den Spitzenleistungen der damaligen Schnitzer nicht das Wasser reichen.
Vielleicht ist das die Motivation, es mit einem nächsten Modell erneut zu versuchen.
Weitere Informationen und Pläne zur Saint Albans finden sich in Richard Endsors Buch: "The Master Shipwright's Secrets - How Charles II built the Restoration Navy" von 2020.
Die Bilder
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