Squero San Trovaso
Gondola-Bauplätze in Venedig.
Text und Photographien: W. Eberhard Falck
Einst soll es 10000 gondole in Venedig gegeben haben, heute sind es nur noch um die 500. Die Mehrzahl davon wird verwendet, um Touristen zu 90€ die halbe Stunde durch ein paar Kanäle zu schippern. Gondoliere, scheint eine einträgliche Tätigkeit zu sein, aber ihre Zahl ist auf etwa 600 beschränkt und neue Lizenzen werden nur alle paar Jahre vergeben.
Die gondole müssen natürlich, wie alle Holzboote, regelmäßig in Stand gehalten werden. Das ist heute das Hauptgeschäft der beiden noch verbliebenen Werften, Squero San Trovaso (http://www.squerosantrovaso.com) und Squero Tramontin (https://www.tramontingondole.it), beide im Stadtteil Dorsoduro, auf der anderen Seite des Canale Grande, gegenüber von San Marco. Im Stadtgebiet und auf den Nachbarinseln gibt es noch weitere Werften, die sich aber nicht mit gondole befassen.
Neue gondole werden kaum noch gebaut, sie halten immerhin 40 bis 50 Jahre, wenn sie nach 20 bis 25 Jahren grundüberholt werden. Zwei bis drei Mal im Jahr werden sie aus dem Wasser geholt, um vor allem das Unterwasserschiff zu reinigen. Im nährstoffreichen Brackwasser der Lagune bildet sich schnell Bewuchs. Dabei wird die gondola auch auf eventuelle Schadstellen untersucht. Nach einem halben bis einem Tag ist das Boot dann wieder im Wasser.
Ein Grundüberholung dauert mehrere Wochen. Dabei wird die Farbe bis auf das Holz abgeschabt, das Deck abgenommen, um an alle Inhölzer gelangen zu können, und schadhafte Teile ersetzt. Für den Bau einer gondola werden über ein Dutzend Holzarten verwendet, je nach den geforderten Eigenschaften des Holzes. Für die Bodenplanken wird heute zunehmend auch Sperrholz verwendet, weil es schwierig wird, geeignet große und dünne Planken zu beschaffen. Wegen der intensiven Nutzung für den Tourismus sind die heutigen gondole mit halbrunden, stählernen Schutzschienen versehen, die gegebenenfalls auch erneuert werden müssen. Vielfach sind die (nicht begangenen) Decks mit Schnitzereien verziert, während das Schott gegen das Vorpiek entweder ebenfalls beschnitzt ist oder eine Malerei aufweist. Alle diese Teile sind natürlich der Abnutzung und Verwitterung ausgesetzt. Verschiedene Arbeiten, wie die Herstellung der ferri, der charakteristischen Stevenverzierungen, und der forcole, der Riemengabeln, werden von Spezialwerkstätten ausgeführt.
Während meines Besuches auf dem Squero San Trovaso lag keine einzige neue gondola auf Stapel, im Bootsbauschuppen wurden nur zwei gondole grundüberholt, während auf dem abfallenden Gelände davor mehrere zur Reinigung lagen.
Squero ist eigentlich die Bezeichnung für ein Team von Holzarbeitern, den squerariòli, aus den Alpen, die das Holz z.B. über die Piave nach Venedig brachten und dort Zimmermannsarbeiten verrichteten. Manche siedelten sich an und wurden Bootsbauer. Der squero ist ein abfallendes Grundstück, auf dem L-förmig die Bootsbauschuppen, das Wohngebäude und an der Seite ein Arbeitsschuppen errichtet waren. Die Wohnräume befanden sich ursprünglich im ersten Stock der zweigeschossigen Gebäude. Die Werkstattgebäude sind übrigens so ziemlich die einzigen Gebäude in Venedig für die Holzbau geduldet wurde, da sonst schon seit Jahrhunderten wegen der Brandgefahr Steinbau Vorschrift war.
Die Squeri sind traditionell Familienbetriebe. In San Trovaso sind der Vater und der Sohn Bootsbauer, während die Tochter die Buchhaltung macht und Touristen herumführt. Tramontin hat in den letzten Jahren Besitzerwechsel erlebt, die beiden Töchter des letzten Tramontin haben offenbar die Werft verkauft.
In den letzten Jahrzehnten wurden zahlreiche Publikationen zum Bau und der Geschichte der gondole sowie anderer typischer Boote und Schiffe der Lagune von Venedig veröffentlicht. Eine Übersicht über die Literatur findet sich auf https://www.maritima-et-mechanika.org/maritime/venezia/museonavalevenezia-2.html.